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CRM mit Business Central, oder doch lieber Dynamics Sales?

Geschrieben von Alexander Broz | 19.11.24 07:58

Fleißige Comsol Blog-Leser wissen, dass wir trotz Fokus auf Business Central ERP gerne auch abseits von BC in die Microsoft-Welt schauen. Business Central selbst ist Mitglied in der Microsoft Dynamics 365-Familie. Diese recht große Familie kennt noch weitere klangvolle Mitglieder wie Dynamics Sales, Supply Chain Management, Finance und weitere. Schauen wir uns diese gemeinsam an!



Ein kleiner Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Familienmitglieder stärker verwandt sind als gedacht. So tummeln sich hinter Finance und SCM die ehemaligen Axapta ERP Module (aka Finance & Operations). Wohingegen das alte Microsoft CRM in seine kleinen Module Dynamics Sales, Field Service usw. aufgeteilt wurde.

Heute wollen wir uns speziell um den Vergleich des CRM-Moduls in Business Central gegenüber der gesonderten CRM Lösung Dynamics Sales mit Fokus kümmern. Die Frage, ob ein Unternehmen eine eigene CRM-Lösung benötigt oder das in BC enthaltene CRM-Modul völlig ausreicht, beschäftigt uns öfters in unseren Projekten. 


CRM mit Business Central 

Generell deckt Business Central mit seinen Prozessen und Funktionen im Bereich Marketing, Vertrieb und Service alle drei klassischen, operativen Säulen von CRM-Lösungen ab (Link). Im Marketing Modul ist es möglich, über Kampagnen Aktionen zu erstellen, Aussendungen vorzubereiten und Reaktionen als Aktivitäten abzubilden.

Der klassische Vertriebsprozess von Erstkontakt über Verkaufschance, Forecast-Analyse mit Abschlussaktivitäten bis hin zur Angebotserstellung und Auftragsübernahme ist vollständig mit dem CRM- und Verkauf-Modul abbildbar.

Nachgelagerter Kundenservice lässt sich durch Kontaktprofile, Serviceaufträge, Serviceartikel, Reklamation etc. systemweit in den jeweiligen Modulen abbilden. Als zentraler Dreh- und Angelpunkt dienen die Kontakte, mit denen sich Unternehmen und Personen verwalten lassen. 

Im Sinne eines ERP-System liegt das Hauptaugenmerk bei den CRM-Funktionen von BC im Verkaufsprozess, so dass wir, auch aus Platzgründen, die Bereiche Marketing und Service im Vergleich vorerst außen vor lassen. Eine detaillierte Übersicht über alle Funktionen findet man hier bei Microsoft.

 

Der starke Fokus auf den Vertriebs- und Verkaufsprozess ist einer der Nachteile von Business Central als CRM-Lösung. Ein ERP-System ist mit seinen Datenstrukturen und Prozessen immer an der betrieblichen Wertschöpfungskette Beschaffung Produktion Lagerung Auslieferung mit seinen Stammdaten Debitor, Kreditor und Artikel orientiert.

Das spiegelt sich zum Beispiel an der Struktur der Kontakte wider, die gut hierarchische aber nicht so gut netzwerkartige Beziehungen abbilden können. Auch ähnelt deren Strukturierung stark den Debitoren / Kreditoren, damit die Daten später im Prozess einfach weitergenutzt werden können.

Der Umgang mit Rich-Text-Daten wie langen formatierten Texten, Mails, Bildern oder Anhängen ist möglich, aber das Handling ist nicht so galant wie in speziellen CRM-Lösungen. Auch wirken die Dashboards und grafischen Darstellungen nicht so frisch wie bei Konkurrenzprodukten.




Die Schwäche zur ERP-Nähe ist gleichzeitig auch eine Stärke. Das BC CRM Modul erlaubt den direkten Zugriff auf alle relevanten ERP-Daten wie Kunden, Lieferanten, Angebote, Artikel, Auftragsstatus, Rechnungssaldo, Kunden KPIs, Liefermengen etc.

Es bedarf somit keiner zusätzlichen Schnittstellen und Datenabgleiche, denn die relevanten Informationen sind jederzeit aktuell verfügbar. Aus dem CRM heraus generierte Daten wie kampagnenbezogene Preisnachlässe oder die direkte Übernahme von Kontakten und Angeboten in Aufträge erleichtern das Zusammenspiel zwischen CRM- und ERP-Verkaufsprozess in BC. 

 

 

 

Mit jeder neuen Version wird die Integration in andere Office-Produkte verbessert. Im CRM-Bereich ist hier vor allem das BC Outlook Add-in zu beachten. Mit diesem kann man sich relevante Informationen von Kontakten aus BC in Outlook anzeigen lassen und von dort direkt Aktionen wie z.B. die Erstellung eines Angebots starten.

Weitere Informationen zum Add-in finden Sie hier.

 

Falls die funktionalen Nachteile nicht entscheidend sind, bekommt man mit der Business Central Lizenz direkt eine voll funktionsfähige CRM-Lösung in BC, ohne die Kosten für ein weiteres CRM-System zu tragen.

Die Integration mit dem ERP-System ist tief genug, um Vorteile durch den Zugriff auf die anderen Bereiche zu nutzen, aber auch weit genug losgelöst, um nicht zu Konflikten bei z.B. der Kontaktpflege zu führen.


Dynamics CRM / Sales

 

Microsoft Dynamics Sales und seine Geschwister haben als eigenständige Lösungen ebenfalls ihre Daseinsberechtigung. Nicht umsonst sind CRM-Lösungen ein fast ebenso großer Markt wie ERP-Lösungen. Im Detail findet man dort viel mehr Funktionen wie mehrstufige Kampagnen, optimierte Suchen oder grafische Kontakthistorien. 

 

Vor allem  wenn die Prozesse oder Datenstrukturen von BC nicht zu den eigenen CRM-Anforderungen passen, lassen sich losgelöste CRM-Lösungen oft flexibler und kostengünstiger anpassen. Hier kann man teilweise noch per Konfiguration etwas lösen, wo in BC schon programmiert werden müsste.

Definitiv ein Highlight ist die Integration mit Outlook, Teams und den anderen Office Produkten. Vor allem für den Außendienst als mobile Lösung sind CRM-Einzellösungen durch ihre Fokussierung und Reduzierung oftmals ausreichend.

Weiterhin punktet Dynamics Sales mit mehr Flexibilität zur Einrichtung von eigenen Workflows und Ansichten, sowie der Organisation von Vertriebsaufgaben. Weitere Informationen zu Dynamics Sales finden sie hier bei Microsoft.

 

 

 

Ein Thema, auf das wir öfters stoßen, betrifft den Angebotsprozess. Die Erstellung von Angeboten ist in BC sehr datenstrukturgetrieben. Man wird durch die hinterlegten Artikel & Ressourcen, die kurzen Textbausteine, die fehlenden Möglichkeiten für optionale Artikel und Zwischensummen sehr eingeschränkt, wenn die eigenen Angebote z.B. ganze Projekte abbilden oder mit Begleittexten, Bildern etc. ausgebaut werden sollen.

An dieser Stelle sind CRM-Lösungen etwas freier und erlauben durch die Integration von Multimediainhalten und Dokumentenvorlagen eine freiere Angebotserstellung ohne Zwang zur Stammdatenanlage.

Der Vorteil bei BC wiederum ist, dass ein Angebot direkt in einen Auftrag überführt werden kann. Alle Artikelinformationen, Konditionen, Komponenten und Texte sind bereits geprüft und eingerichtet. Damit ist die Übernahme des Angebots in einen Auftrag fachlich und qualitativ besser abgesichert und geht schneller. Eine komplexe, teilweise manuelle Übernahme des abgegebenen Angebots in den ERP-Verkaufsauftrag entfällt.

Die Integration mit Office ist in Dynamics Sales stärker als in BC. Die Anwendung sieht auf mobilen Geräten besser aus und die Integration in Outlook erlaubt z.B. mehr Aktionen als in der BC App. Ein Highlight von Dynamics Sales ist schon immer die automatische Nachverfolgung und Zuweisung von E-Mails.

 

Lizenzseitig sind CRM-Lizenzen generell günstiger als ERP-Lizenzen (Link). Arbeitet ein Anwender nur im CRM-System, so ist das ein Vorteil. Arbeitet er in BC und Sales dann gibt es sogenannte Huckepack-Lizenzen, so dass nicht beide Anwendungen voll lizenziert werden müssen. 

Technologisch interessant ist auch die Plattform, auf der die CRM Dynamics Produkte aufsetzen. Die sogenannte Power Plattform mit der übergreifenden Dataverse Datenbank erlaubt einen sehr geschmeidigen Datenaustausch zwischen den Dynamics Lösungen inklusive BC.

Außerdem bildet sie das Fundament für die oft erwähnten Power Apps zur Gestaltung eigener Lösungen und ermöglicht, im Gegensatz zu BC, auch eine offline Nutzung. Würde zum Beispiel ein BC CRM eigentlich reichen und man benötigt nur eine kleine Service- oder POS-Anwendung für den Außendienst, so kann eine einzelne Power App ohne große Dynamics Sales Lizenzierung auch eine Lösung sein. Lesen Sie gerne mehr dazu in unseren Blog-Artikeln zur Power-Familie.

 

 

Fazit


Ob man die CRM-Funktionen in BC oder eine eigene Lösung aus der Dynamics Familie nutzen sollte, lässt sich nicht generell und sofort beantworten. Entscheidend sind wie immer Ihre konkreten Anforderungen und deren Gewichtung. Einige der ausschlaggebenden Fragen, auf die wir immer wieder stoßen, haben wir hier als Checkliste für Sie aufgelistet:

  • Welcher Prozess soll abgebildet werden und entspricht dieser dem Prozess in BC?
  • Haben Sie viele, komplexe, nicht-hierarchische Datenstrukturen oder Beziehungen in Ihren Kontakten?
  • Benötigen Sie umfassende Möglichkeiten für die Integration von Outlook und Co.?
  • Benötigen Sie Anpassungen oder zusätzliche Funktionen zum Standard?
  • Sind in Ihrem Vertriebsprozess (besonders bei der Angebotserstellung) mehr Freiheiten notwendig als das ERP-System zulässt (Layout, Inhalte, Preisfindung, Projektangebote etc.)?
  • Arbeiten Sie eher mobil oder im Back Office mit der Lösung? Ist Offlinefähigkeit entscheidend?
  • Sind die CRM-Benutzer auch Benutzer im ERP?
  • Sind die Funktionen, die BC CRM nicht mitbringt, ggf. mit einer kleinen Power App lösbar?

Stehen Sie vor der Frage, ob Sie CRM mit Business Central oder den anderen Dynamics Produkten abbilden? Dann kontaktieren Sie uns gerne, wir beraten Sie übergreifend und arbeiten gemeinsam die passende Lösung heraus.

  

Wir halten sie hier im Blog auch über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden.
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