Volle Terminkalender und überquellende Aufgaben-Apps gehören heute zum ganz normalen Arbeitsalltag. Umfangreiche Antworten auf die Frage „Was ist zu tun?“ können wir also ganz einfach geben. Auch über die Frage, wie und in welche Reihenfolge die einzelnen Aufgaben anzugehen sind, müssen die meisten nicht lange nachgrübeln. Und wenn doch, dann sollte es doch zumindest die zuständige Führungskraft wissen.
Aber für wie viele der täglichen Aufgaben, Projekte, Veränderungen und Planungen können wir mit Sicherheit und Klarheit das „Warum machen wir das?“ plausibel ausführen? Und zwar sich selbst und anderen gegenüber?
Ich spreche hier von dem „tiefen Warum“, d.h. nicht von Antworten wie „…weil es vom Kunden so beauftragt wurde“ oder „…weil der Chef darauf wartet“. Sondern vom tieferliegenden Sinn bzw. der Bestimmung im Gesamtkontext. Also Antworten wie „…weil die Außendienstmitarbeiter des Kunden ein Serviceversprechen erfüllen wollen, um als kundenfreundlichstes Unternehmen der Branche gewählt zu werden“. Oder „…weil wir aufgrund der vielen schnellen Veränderungen im Außen die Fähigkeit unsere Organisation für Flexibilität und Anpassung trainieren wollen“.
Sie sagen sich jetzt: „Naja, manche Jobs müssen halt einfach erledigt werden, auch ohne große Sinnstiftung.“ Das ist korrekt. Aber gleichzeitig steigt die Gefahr, dass bei der hohen Taktfrequenz an vielen, verschiedenen und parallelen Aufgaben, die vielleicht entscheidenden Ideen, Vorschläge und Initiativen und vor allem die Zielrichtung versickern.
Wie können wir erreichen, dass vor diesem Hintergrund Mitarbeiter inkl. Management und Geschäftsführung im täglichen Tun nicht den Blick auf den Kompass verlieren? Wie können wir sicherstellen, dass die Umsetzung der Aufgaben in die eigentliche Richtung der tieferen Sinnhaftigkeit ausgenordet sind und bleiben?
Mit dieser Frage hat sich Simon Sinek in seinem Buch Frag immer erst: warum. Wie Top-Firmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren (Englische Fassung Start With Why. How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action) sehr intensiv befasst.
Wer keine Zeit zum Lesen eines ganzen Buches hat: Schauen Sie sich den gleichermaßen inspirierenden wie kurzweiligen TED-Vortrag von Simon Sinek an.
Kurze Version (5 min):
Lange Version (18 min):
Sinek führt als ein zentrales Element das Konzept des Goldenen Kreises und die damit verbundene Bedeutung der Wirkrichtung von Innen nach Außen ein:
Das Konzept besticht für mich durch seine Einfachheit und nicht selten verwende ich es als Einstieg in größere Projekte oder langfristige Vorhaben. Dieses Modell hilft mir dabei, alle Beteiligten „mitzunehmen“ auf längere, anspruchsvolle Reisen. Tatsächlich zeichne ich diese drei Kreise ganz einfach auf ein Flipchart, und zwar nach und nach von außen nach innen. Zunächst nur den äußeren „Was“-Kreis begleitet mit der offenen Frage „Was ist alles zu tun für unser Vorhaben?“ Dann sprudelt es schnell los, die Ärmel werden mental hochgekrempelt. Dann ein kleinerer Kreis mit dem „Wie“ verbunden mit der Frage „Wie können wir das anpacken?“ Auch hier kommen schnell viele gute Ideen und Methoden zum Vorschein.
Aber die bisherigen Antworten waren ja nur eine taktische Hinführung zu der im wahrsten Sinne des Wortes zentralen Frage im inneren „Warum“-Kreis: „Wer kann erläutern, warum wir das hier überhaupt tun? Was ist der eigentliche Sinn?“. Nun wird es oft still und zögerlich. Und dies ist der magische Moment mit der besonderen Chance, als Projektleiter, Teamleiter oder Geschäftsführer den Nordpol für den Kompass aller Beteiligten zu kalibrieren. Nach meiner eigenen Erfahrung hat es tatsächlich etwas Magisches, wenn man den tieferliegenden Sinn eines Vorhabens mit Anderen teilt. Dies ist keine „Tschacka-Motivation“, die nach ein paar Minuten erlischt. Dies ist vielmehr Inspiration, die aus dem Erkennen des Sinns einer bestimmten Mission entsteht.
Ach ja, das hier klingt vielleicht selbstverständlich, ist es aber nicht: Natürlich muss man zunächst sich selbst erstmal klar werden über das „Warum“ bei einer eigenen Sache. Sie werden sehen, dies ist gar nicht so leicht wie es klingt. Manchmal ist es sogar frustrierend oder auch ernüchternd. Aber sehr kraftvoll, wenn man für sich selbst die Antwort auf das „Warum“ gefunden hat. Und zwar ganz konkret als klarer Satz, Wort für Wort.
Und jetzt machen Sie doch mal auf die Schnelle einen Selbsttest. Welches ist das größte Projekt, Vorhaben, Umstrukturierung etc., für das Sie momentan verantwortlich sind? Wie lauten hier die Antworten auf das „Warum“? Viel Spaß beim Grübeln und Formulieren. Nehmen Sie sich Zeit. Und beim nächsten Meeting fragen Sie offen in die Runde nach dem „Warum?“ des Projekts. Und dann vergleichen Sie mal die Richtung der Kompassnadeln.
Und noch eine Anregung: Fühlen Sie sich frei und nehmen Sie für sich das Recht in Anspruch, zu jeder Zeit Andere nach dem „Warum?“ in Projekten zu fragen, in denen Sie selbst als Mitglied eingebunden sind. Dies mag zunächst etwas irritierend auf ihr Umfeld wirken aber Sie werden auch schnell feststellen, wie verbindend, teilweise sogar heilsam, sich dies auf Projektsituationen auswirken kann.