Nach meinem vorherigen Beitrag zur E-Rechnung Anfang des Jahres möchte ich Ihnen die neuesten Entwicklungen nicht vorenthalten. Daher wurde am Ende des Beitrags ein aktuelles August-Update hinzugefügt.
Warum digitale Rechnungen?
Im November 2023 hat der Bundesrat die verpflichtende Einführung der elektronischen Rechnung gebilligt. Die ersten Maßnahmen müssen schon zum Januar 2025 umgesetzt werden.
Generell ist die Einführung einer voll digitalisierten Rechnungsübermittlung längst überfällig. Viele unserer Nachbarländer verpflichten schon länger zur Übertragung elektronischer Rechnungsformate. Die Übermittlung maschinell lesbarer, elektronischer Rechnungsdaten ist schneller und weniger fehleranfällig als das Auslesen und Übertragen von Papierrechnungen in IT-Systeme durch Menschen.
Die elektronische Rechnung schützt außerdem vor Ressourcenverschwendung und erlaubt es Unternehmen, interne Prozesse digital zu optimieren. Die Steuerbehörden versprechen sich durch die Einführung eines zusätzlich aufgesetzten digitalen Meldesystems außerdem eine Verbesserung im Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug (ViDA-Initiative der EU).
Die Gründe sind für Sie nicht neu? Sie versenden heute schon elektronische Rechnungen als PDF und denken gerade „Das mach ich doch schon?“. Dann lesen Sie bitte weiter, denn das wird für die E-Rechnung vermutlich nicht reichen.
Wann geht es mit der E-Rechnung los?
Bevor wir tiefer in die Vorgaben und Technik einsteigen, geben wir eine Übersicht über die aktuellen Fristen und Übergangslösungen.
Ab 1/2025
- Generelle Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für steuerbare und steuerpflichtige inländische B2B Umsätze inkl. Übergangsregelungen.
- Alle Unternehmen müssen in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen.
- Weiterhin dürfen Unternehmen ab jetzt ausschließlich E-Rechnungen versenden. Der Vorrang der Papierform ist aufgehoben.
- Alternativ ist auch der Versand von Papierrechnungen, oder nach Zustimmung des Empfängers, anderer elektronischer Formate (PDF, EDIFACT etc.) möglich.
Ab 1/2027
- Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von 800.000€ oder mehr, müssen E-Rechnungen versenden.
- Unternehmen mit einem geringeren Vorjahresumsatz können weiterhin noch andere Formate (PDF, EDIFACT, Papier etc.) nutzen. Für elektronische Formate ist aber weiterhin die Zustimmung des Empfängers nötig.
Ab 1/2028
- Alle Unternehmen müssen E-Rechnungen versenden.
Generelle Ausnahmen:
- Steuerfreie Lieferungen / Leistungen, Kleinbetragsrechnungen <250€ und Fahrausweise sind ausgenommen.
Was genau ist eine akzeptierte E-Rechnung?
Wie schon 2020 mit der xRechnung für die Rechnungsstellung mit öffentlichen Stellen, machen wir es uns mit den technischen Details komplizierter als unsere Nachbarn. Was genau ist denn jetzt eigentlich eine gültige E-Rechnung?
Bis heute pflegen die Organisationen hinter den beiden in Deutschland etablierten Formaten, XRechnung und ZUGFeRD, eine große Rivalität. Dabei prallen die Anforderungen der Behörden mit der XRechnung auf die der freien Wirtschaft mit ZUGfERD. Was dem einen ein als Vorteil erscheint, z.B. die durch-Menschen-lesbare PDF Rechnung bei ZUGfERD, sieht der andere als Sicherheitsproblem. Letztlich hat das Bundesministerium der Finanzen kurzerhand alle beiden Formate als gültige E-Rechnung zugelassen. Weitere elektronische Formate, wie das bekannte EDIFACT, werden noch geprüft.
Wichtig:
Reine Bildformate, also Abbilder wie ein Rechnungsbeleg als PDF-Datei, werden nicht zugelassen. Sie sind zwar für den Menschen lesbar, aber nicht maschinell eindeutig verarbeitbar.
Mit ZUGfERD gibt es hier eine interessante Alternative. Tauchen wir also etwas tiefer in die beiden erlaubten Formate ein.
XRechnung
Die XRechnung, als Datenformat der öffentlichen Verwaltung, ist ein rein XML-dateibasiertes Format. Das bedeutet, für den Menschen ist die Datei nicht ohne weiteres lesbar und es braucht eine zusätzliche Viewer-Software, um die Dateiinhalte in einer gewohnten Kopf-/Zeilenstruktur zu prüfen.
Im Screenshot sehen sie links eine XRechnung und rechts die Darstellung in einem Rechnungs-Viewer.
Verwirrenderweise gibt es mit CII und UBL zwei mögliche XML-Formate für die XRechnung, die je nach Anwendungsfall geeigneter sind. CII deckt wesentlich mehr Dokumentenfälle ab, ist aber auch komplizierter zu lesen und zu erstellen.
UBL hingegen wurde explizit für Rechnungen konzeptioniert und die Datei ist dadurch für Menschen einfacher zu verstehen. Als Empfänger von XRechnungen muss man sich also darauf einstellen, beide XML-Formate zu unterstützen.
Die fehlende visuelle Darstellung der XRechnung hat in der Praxis übrigens dazu geführt, dass viele Empfänger darauf bestehen, neben der XML Datei noch ein klassisches PDF-Rechnungsdokument zu erhalten.
ZUGfERD
ZUGfERD hat schon vor langer Zeit das Problem der Lesbarkeit erkannt. Es kombiniert deswegen eine für den Menschen lesbare PDF Rechnung mit einer zusätzlich maschinenlesbaren Datei. Das Ganze wird als sogenanntes PDF/A-Format zusammen in einem PDF gespeichert, um gegen Veränderungen geschützt zu sein.
Für die zusätzliche Datei erlaubt ZUGfERD laut Definition diverse elektronische Formate. Für die E-Rechnung werden aber nur ZUGfERD PDF mit integrierten XML-Dateien im CII-Format anerkannt. Da schließt sich der Kreis, denn CII ist auch eines der beiden gültigen XML-Formate der XRechnung. Leider ist CII auch das kompliziertere Format der beiden XRechnungsformate. XML-Dateien im einfacheren UBL-Format sind in ZUGfERD nicht vorgesehen.
Im folgenden Screenshot sehen Sie ein ZUGfERD PDF mit Hinweis auf die PDF/A Kompatibilität und der zusätzlichen integrierten XML Datei im CII Format. Die PDF Darstellung ist im Beispiel sehr generisch, hier könnte auch ihr bisheriges Rechnungslayout genutzt werden.
Durch die Kombination lesbarer Rechnungsdateien für Menschen und Maschinen ist ZUGfERD in der Praxis die angenehmere Lösung. Aber man muss genau hinschauen, was man bekommt! Denn es ist nirgends sichergestellt, dass PDF und XML-Datei den gleichen Inhalt haben. Gemäß Vorgabe hat bei Zustellung einer E-Rechnung der Inhalt der XML-Datei Vorrang.
Und wie kommt die Rechnung zum Empfänger?
Neben den Formaten ist der Übertragungsweg zu beachten. XRechnungen werden aufgrund ihres Einsatzes in der öffentlichen Verwaltung zumeist über geschützte PEPPOL-Kanäle von zertifizierten Anbietern übertragen oder manuell über sichere Webportale hochgeladen. Der Austausch von ZUGfERD Dateien erfolgt wahlweise per Mail, sichere Uploads / Downloads oder Dateiaustausch.
Welche Wege erlaubt oder verpflichtend sind, wurde seitens des Ministeriums noch nicht kommentiert. Allerdings ist die Auswahl des passenden Kanals kein zu unterschätzender kaufmännischer und technischer Aufwand.
Was muss ich konkret tun?
Ab 2025 sollten Sie als Unternehmen bereit sein, elektronische Rechnungen in allen oben genannten Formaten zu erhalten und zu verarbeiten. Ob Sie diese manuell oder maschinell verarbeiten, ist Ihnen freigestellt.
Aufgrund der fehlenden visuellen Rechnungsdarstellung (XRechnung), aber auch dem Herauslösen und Prüfen der eingebetteten Dateien (ZUGfERD), wird sich Ihr Aufwand bei der manuellen Verarbeitung mit Sicherheit erhöhen. Somit sollten Sie zeitnah nach einer elektronischen Verarbeitungslösung suchen.
Zusätzlich können Sie ab 2025 auch selbst E-Rechnungen anstatt Papier versenden. Mittelfristig wird der Versand definitiv zur Pflicht.
Prüfen Sie hierzu auch unsere Übersicht:
Wie kann NAV / BC und die Comsol sie dabei unterstützen?
Microsoft hat für Business Central das Modul E-Documents komplett neu strukturiert, um es als Basis zur Abbildung aller E-Dokumentenanforderungen weltweit zu machen. Stand heute ist noch nicht eindeutig geklärt, ob die deutschen Anforderungen (also Import und Export von XRechnungen und ZUGfERD in allen Varianten) vollständig im Standard abgebildet werden.
Kunden im Business Central SaaS erhalten das neue Modul mit den Updates automatisch. On-Premises Kunden müssen ein Update auf die neuste Business Central-Version durchführen. Mit der Veröffentlichung von BC 2024 Wave 1 im April soll hier mehr Klarheit bezüglich des Funktionsumfangs entstehen. Wir informieren Sie so zeitnah wie möglich darüber.
Alternativ kann man je nach installierter NAV / BC Version auf die Add-ons unserer Lösungspartner oder einen etablierten E-Invoice-Provider zurückgreifen. Die Wahl zwischen Add-on Lösung oder Provider ist immer abhängig von den Formaten, der Übertragungstechnologie, bereits vorhandener Lösungen und der Menge der Belege zu treffen.
FAQ
Ich lese immer mal von Factur-X. Was ist das?
Factur-X ist das ZUGfERD Format mit CII – XML Dateien in Frankreich.
Ich versende heute schon PDF. Dann muss ich ja nur noch eine XML Datei mitsenden?
So einfach ist es ggf. nicht. Wenn Sie nur eine autarke XML-Datei versenden wollen, dann müssen Sie ein Format der XRechnung für die zusätzliche Datei nutzen. Für ZUGfERD müssen Sie die XML Datei ZUGfERD konform mit Metadaten in das PDF einbetten und das PDF als PDF 3/A speichern. Das unterstützen nicht alle PDF-Tool-Anbieter.
Update August 2024:
Das geplante Schreiben des BMF ist sehr interessant. Es klärt die Bedingungen für den Einsatz von traditionellen EDI Formaten wie EDIFACT (siehe Rz. 29), definiert genauer die gültigen Versionen z.B. ZUGFeRD erst ab Version 2.0.1 (siehe Rz. 22) und erlaubt auch den Versand in allen (!) EU gültigen Formaten (siehe Rz. 23).
Was macht Comsol Multinav Mail?
Im Rahmen des Comsol Produkts Multinav Mail wird es keine Erweiterung geben um damit E-Rechnungsdateien (XML) oder auch ZUGFeRD kompatible PDF Dateien zu erzeugen. Multinav Mail ist eine Lösung, um sehr flexibel ausgehende Mails zu erstellen und zu versenden. Die Erstellung von E-Rechungs-XML Dateien wäre eine komplett eigene Logik bzw. App mit dem Fokus des individuellen Datenmappings.
Hierzu gibt es bereits Partnerlösungen für NAV / BC, bspw. die Datenaustauschformate oder das neue E-Rechnung Modul. Natürlich ist es möglich, die erzeugten Dateien aus diesen Lösungen, dann via Multinav Mail, als Anhang zu versenden.
In ZUGFeRD ist es leider so, dass eine ZUGFeRD PDF Datei mit einer integrierten E-Rechnungs-XML-Datei einige zusätzliche Anforderungen an die PDF-Struktur hat. Diese Anforderungen sind mit den technischen Mitteln, die wir in Multinav Mail nutzen, nicht abbildbar. Hintergründe dazu erfahren Sie hier.
Nach diversen Tests hat sich herausgestellt, dass wir eine Änderung der technischen Mittel zur PDF-Generierung in Multinav Mail nicht zu einem annähernd vergleichbaren Produktpreis und gleicher Funktionalität wie heute vornehmen könnten. Sollten Sie intern oder durch einen Partner ein hier passendes PDF erstellen, so können Sie diese fertigen PDF-Dateien aber gerne mit Multinav Mail versenden.
Wir empfehlen Ihnen vor diesem Hintergrund auf ZUGFeRD zu verzichten und z.B. Ihren bestehenden PDF-Rechnungsmailversand um eine X-Rechnung-Datei als weiteren Anhang zu ergänzen.
Wir halten sie hier im Blog auch über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden.
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